Rede zum Haushalt 2022

Geld - Bild von moerschy auf Pixabay.

Wer etwas will, sucht Wege. Wer etwas nicht will, sucht Gründe.

Rede des Fraktionsvorsitzenden der CDU-Fraktion, Dr. Frank Volz, zum Haushaltsplan der Gemeinde Brensbach 2022

 

Sehr verehrte Frau Vorsitzende,
Sehr geehrte Damen und Herren des Gemeindevorstands mit Herrn Bürgermeister Rainer Müller an der Spitze,
werte Kolleginnen und Kollegen der Gemeindevertretung,
meine Damen und Herren!

Bevor ich im Namen der CDU-Fraktion Stellung zum vorliegenden Haushaltsentwurf und damit zur Situation nehmen darf, in der sich unsere kleine Landgemeinde grade befindet, möchten wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Gemeinde für ihren engagierten Einsatz danken, der ja jährlich in die Aufstellung des jeweiligen Haushaltsplans durch unseren Kämmerer Stephan Eisenhauer mündet.

Unabhängig von der Position gilt:
Ohne den Fleiß, die Zuverlässigkeit und die Loyalität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unserer Gemeinde als Arbeitgeber könnten wir keine der vielfältigen Aufgaben vor Ort erfüllen. Vielen Dank dafür!

 

Meine Damen und Herren,
die kommunale Selbstverwaltung ist eines der Grundprinzipien unserer Demokratie und sie besitzt nach Art. 28 GG Verfassungsrang. Wir müssen für eine bürgernahe Verwaltung sorgen, die Bürgerinnen und Bürger an der Gemeindepolitik beteiligen und so die lokale Demokratie stärken. Als höchstes Gremium innerhalb der kommunalen Selbstverwaltung gibt die Gemeindevertretung die Leitlinien dieser kommunalen Selbstverwaltung vor und legt deren finanziellen Rahmen über den Haushaltsplan mit seinen Bestandteilen fest. 

Zu den drei Punkten Gesamtergebnishaushalt, Gesamtfinanzhaushalt und Investitionsprogramm ist wenig zu sagen. Ihre Eckpunkte ergeben sich zum Großteil aus externen Vorgaben und unseren eigenen Beschlüssen. Uns Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertretern bleibt es, zu prüfen,

  • ob die Rechnung stimmt,
  • dass die finanzielle Situation unserer Kommune nicht aus dem Ruder läuft
  • und ob unsere Beschlüsse richtig und vollständig umgesetzt sind.

Wir wissen alle, dass man in Sachen Rechnungsführung vor Herrn Eisenhauer und seinem Team nur den Hut ziehen kann.

Die finanzielle Situation unserer Kommune aber bereitet nicht nur uns, sondern auch unserem Kämmerer aufgrund der vielfältigen Investitionen langsam Sorgen. 2022 reißen wir die Marke der 10 Millionen Schulden und noch in dieser Wahlperiode wird das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Fremdkapital ins Negative kippen.

„Haushalte werden in guten Zeiten ruiniert, nicht in Krisenzeiten!“ hat Dr. Walter Wallmann, der Präsident des Hessischen Rechnungshofs das einmal zusammengefasst. Unsere Kommune hat in der Vergangenheit, als die finanziellen Spielräume erheblich größer waren, nicht ausreichend saniert und entwickelt und somit von der Substanz und auf Kosten kommender Generationen gelebt. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse bis 2016 können sie sich überlegen, wer Brensbach in der Vergangenheit kaputtgespart hat und somit für diese Situation die Verantwortung trägt. Wir haben heute die Wahl, kommenden Generationen entweder einen Schuldenberg oder eine Ansammlung maroder Infrastruktur zu hinterlassen. Diese Wahl ist eine Wahl zwischen Pest und Cholera. 

Verantwortlich sind dieselben, die sich gerne für ihre sparsame Haushaltsführung rühmen.
Verantwortlich sind dieselben, die gerne von „Sozialer, nachhaltiger Gemeinde mit gutem kulturellen Angebot“ sprechen, Produkten für die sich komischerweise just in den aktuellen Planungen kaum Ausgaben finden lassen, geschweige denn solche, die wesentlich über die Pflichtaufgaben hinausgehen.

 

Meine Damen und Herren,
in Bezug auf die richtige und vollständige Umsetzung unserer in der Gemeindevertretung gefassten Beschlüsse hingegen ist massive Luft nach oben. Zwar läuft die Sanierung des Gemeindezentrums in Brensbach, aber der Ausbau der Sporthalle Wersau kommt trotz immensen – auch finanziellen – Engagements des TV Wersau nicht wirklich in die Gänge. Die Entwicklungen im interkommunalen Gewerbegebiet und erst recht im Neubaugebiet am Kirschberg sind mit „zäh“ noch freundlich umschrieben und bis die Bagger rollen, sind noch viele Fragen offen. 

Und ganz schlimm sieht es bei den „kleinen“ Investitionen aus.

Ich darf daran erinnern, dass wir im Juli einstimmig beschlossen haben, die Kosten für Bürgersteig, Parkplätze und Verkehrsberuhigung am Ortseingang Karl-Schäfer-Straße zu ermitteln, damit wir sie in den Haushalt 2022 einstellen können.
-> Passiert ist nichts.

Wir warten seit Jahren auf die Übereinanderlegung der Zustandskarten für Straßen, Wasser und Abwasser und eine darauf basierende Priorisierung der dringend anzugehenden Straßensanierungen.
->Passiert ist nichts.

Wir warten auf die Entwicklung des seit 2017 beschlossenen Bestattungswalds.
-> Passiert ist nichts.

Wir warten auf Eltern-Kind-Schaukeln.
-> Passiert ist nichts.

Und dass beim Ausbau des freien öffentlichen WLANs jetzt in zwei von sechs Ortsteilen ein paar Bürgerinnen und Bürger die Sache selbst in die Hand genommen haben und das obwohl (!) in den Haushalten seit 2018 dafür eine inzwischen mittlere fünfstellige Summe bereitgestellt wurde, setzt der Sache ebenso eine Krone auf, wie bei der Parksituation in Wersau bei der tagtäglich Kinder und Senioren von PKW und LKW gefährdet werden, die bei 50 km/h die Bürgersteige zur Fahrbahn machen.

Es passiert nichts, und ich könnte die Liste unerledigter Projekte jetzt noch eine Weile fortführen.

 

Meine Damen und Herren,
es mangelt in unserer Gemeinde weder an Notwendigkeiten noch an Ideen.
Es mangelt in unserer Gemeinde an der Umsetzung.

Und diese fehlende Umsetzung macht auch die gesamte Finanzplanung zu einem großen und sehr intransparenten Verschiebebahnhof.

Spricht man diesen Punkt an, erhält man die Auskunft, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überlastet seien und für diese Projekte keine Kapazitäten mehr bestehen. Wir wurden von Ihnen, Herr Bürgermeister Müller, sogar explizit aufgefordert, Projekte per Antrag ab- bzw. aufzupriorisieren. Auf unseren Hinweis im HFA hingegen, den Stellenplan nochmals zu überarbeiten und den tatsächlichen Bedürfnissen anzupassen, haben sie vorgestern wörtlich geantwortet, sie seien, ich zitiere „mit dem vorhandenen Rüstzeug sehr gut ausgestattet!“, Zitat Ende.

Ja was denn nun?

Zu den ureigenen Aufgaben eines Behörden- oder Dienststellenleiters gehören das Personalwesen und die Organisation des Hauses.

Das heißt, Sie sind dafür verantwortlich, dass Personal in ausreichender Menge, mit passender Ausbildung und der nötigen Kompetenz zur Verfügung steht, um die anstehenden Aufgaben bewältigen zu können.
Das heißt, es liegt an Ihnen, die nötige Transparenz über den Personalbedarf zu schaffen und ggf. bei der Gemeindevertretung die nötigen Mittel für Stellen und Fortbildungen zu beantragen.

Und was findet man im Haushaltsplan? Sie ahnen es – nichts.

Was man aber im aktuellen Stellenplan findet, sind just und ausschließlich bei den Kitas zwei Vollzeitstellen bzw. 15 % Personal mehr. Das ist ausgerechnet der Punkt, an dem der hessische Landesrechnungshof unserer Gemeinde vor nicht allzu langer Zeit deutliche Überkapazitäten bescheinigt hat. Wir waren uns damals fraktionsübergreifend einig, dass wir keine Stellen abbauen sollten. Wir wollten im Gegenteil das Angebot ausbauen und dessen Qualität verbessern, was ja auch Zielrichtung der jetzigen Änderungen aus dem Gute-Kita-Gesetz ist. Es dürfte unstrittig sein, bei Langzeiterkrankungen oder wenn jemand Elternzeit nimmt, für Ersatz zu sorgen. Aber wer unter den Vorgaben der Aufsichtsbehörden, den aktuellen Rahmenbedingungen und mit der Aussicht auf mindestens eine bevorstehende Verrentung noch nicht einmal einen oder zwei KW-Vermerke vergibt, handelt weder nachhaltig noch kostenseitig generationengerecht.

Und sie sollten sich gut überlegen, ob sie wie am Dienstag mit dem Schein-Argument kommen, die Bewertung des hessischen Rechnungshofs in Bezug auf die Kita-Stellen hätten mit der Praxis so überhaupt nichts zu tun. Denn diese Aussage würden wir für höchst unfair gegenüber dem federführenden Sachbearbeiter halten, der schließlich höchstselbst auch Mitglied der SPD-Fraktion der Stadtverordnetenversammlung in Michelstadt ist.

 

Meine Damen und Herren,
zuletzt möchte ich auf die Urlaubs- und Überstundenüberhänge zu sprechen kommen.

Trotz Ihrer anderslautenden Beteuerungen – und Sie werden ähnlich wie am Dienstag im HFA viele Gründe finden, weshalb das so und nicht anders ist und weshalb unsere Schlussfolgerungen nur falsch sein können – haben Sie es seit 2017 nicht geschafft, einen Berg von in Verwaltung und Bauhof zusammengenommen rund 970 Arbeitstagen an Resturlauben und bereits geleisteten Überstunden abzubauen. Im Gegenteil dieser Berg ist in vier Jahren sogar um weitere über 5 % auf 1.022 Arbeitstage angewachsen.

Die SPD und Olaf Scholz haben vor der letzten Bundestagswahl sehr viel von Respekt gesprochen.

Laut ihrem eigenen Wahlkampfmaterial gehören dazu,

  • mehr Personal,
  • familienfreundliche Arbeitsbedingungen,
  • funktionierende Verwaltungen
  • und eine Mitbestimmung auf Augenhöhe für starke demokratische Rechte im Betrieb.

Und jetzt raten Sie einmal, was man – auch niedergelegt in den nüchternen, nackten Zahlen des Haushalts 2022 – in unserer Gemeinde nicht findet.

Wir merken doch an den fehlenden Umsetzungen, dass wir in einzelnen Bereichen genau nicht adäquat mit Personal ausgestattet sind.
Wir merken, dass deshalb die Verwaltung genau nicht im gewünschten Maße funktioniert.
Wir merken, dass dies für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genau nicht so familienfreundlich ist, wie man das gerne will.
Von einem Personalrat und einer demokratischen Mitbestimmung auf Augenhöhe möchte ich gar nicht erst sprechen.

Man kann sich nur wundern, dass die Gemeinde Brensbach bei all diesen Defiziten gar keine marktradikale, neoliberale, hardcore-kapitalistische Führung besitzt, sondern die Defizite in der Verantwortung von SPD-Bürgermeistern liegen, die sich auf eine SPD-Fraktion stützen können, ja über Jahrzehnte mit absoluter Mehrheit regiert haben.

Gegenüber unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern halte ich die beschriebene Situation für im höchsten Maß respektlos.
Ihre Dauer und weitere Verschlimmerung ist ein Skandal.

Meine Damen und Herren,
die Art, wie man auf Umstände reagiert oder eben nicht, verrät viel von der eigenen Einstellung zur Sache. Oder um es mit dem geflügelten Wort zu sagen:
„Wer etwas will, sucht Wege. Wer etwas nicht will, sucht Gründe.“ Und wir haben viele Gründe gehört.

In ihrer vorgelegten Form jedenfalls können wir deshalb Ihrem Stellenplan und demzufolge auch der Haushaltssatzung keine Zustimmung erteilen.

Vielen Dank für’s Zuhören.